Tuesday 28 July 2009

Mumiengeschichten III: Aurora mit dem Rosenstrauß

Ich wollte ja...
und das schon seit langem...
...jetzt endlich ist es soweit und ich vervollständige hiermit meine kleine Mumienserie. ;-)

Im Zuge meiner morbiden Aktivitäten fiel mir ja auch die Geschichte von Aurora ein und ich hatte mir vorgenommen, davon zu erzählen.
Nun war ich in den letzten Wochen verhindert, u.a. habe ich kurz meine Heimatstadt besucht.
Da Aurora lange Zeit (leider vor meiner Zeit) DIE Vorzeigemumie meiner Heimatstadt gewesen sein soll, fügt sich somit eins zum anderen.

Lange Rede kurzer Sinn:
Es war einmal...

... eine edle Dame mit Namen Maria Aurora von Königsmarck*.
Die war, wie ich jetzt herausgefunden habe, nicht nur Pröbstin des Damenstifts, sondern auch Geliebte von August II ("der Starke") und Voltaire hielt sie sogar für "die berühmteste Frau zweier Jahrhunderte".**
Sie wird als sehr gebildet,intelligent und musisch begabt beschrieben.
Darüberhinaus soll sie auch noch sehr schön gewesen sein.
Diese Schönheit hat sich angeblich bis weit über den Tod hinaus erhalten und das kam so:
Als Frau Aurora verstarb, wurde sie in der Fürstengruft der Quedlinburger Stiftskirche beigesetzt.
Dort muß ein zersetzungswidriges Klima geherrscht haben, denn als die Gruft für Restaurierungsarbeiten(?) geöffnet wurde, fand man die dort beigesetzten Toten in ungewöhnlich gutem Zustand vor.
Die Leichen waren mumifiziert und insbesondere die der Aurora soll so gut erhalten gewesen sein, daß die Schönheit von Gesicht und Haaren noch zu erahnen gewesen sein soll. Nach dieser Entdeckung wurde die Gruft mitsamt ihren Toten zur Besichtigung freigegeben.
Nach Kriegsende besichtigten auch amerikanische Soldaten die Gruft.
Es wurde gerüchteweise erzählt, daß diese von der immernoch erkennbaren Schönheit der Aurora so hingerissen gewesen sein sollen, daß sie ihr als Zeichen ihrer Verehrung einen Strauß Rosen auf die Brust legten.
Mit den Blumen allerdings wurden auch Insekten eingeschleppt, die ihrerseits begannen, der Dame ihre ganz eigene Art von Ehre zu erweisen.
Die öffentlichen Besichtigungen, die offenbar das konservierende Klima erheblich störten, hatten ohnehin schon ihre Spuren an den Mumien hinterlassen und daher enschloss man sich wohl , die Särge wieder zu schließen und die Toten ihrer wohlverdienten Ruhe zu überlassen.

Ich kann die Geschichte nur so erzählen, wie ich sie als Kind mit großen Ohren aufgeschnappt habe. Was daran wahr und was Gerücht ist vermag ich nicht zu sagen.
Über die Mumien selbst konnte ich leider nicht viel in Erfahrung bringen. Ich weiß darüber vom Hörensagen und der einzige Link, unter dem ich eine Erwähnung gefunden habe ist dieser hier.
Falls sich irgendjemand in meine Gemächer verirrt, der besser Bescheid weiß, mich würde sehr interessieren, was die /derjenige zu sagen hat.


Über Auroa habe ich schon etwas mehr gefunden, in dieser Buchvorstellung beispielsweise. Das Buch selbst kenne ich nicht, aber der Zeit-Artikel darüber ist recht interessant. Darin steht auch, daß die Dichterin George Sand eine Nachfahrin Auroras war.

Hier gibt es auch recht umfangreich, und etwas unbequem, die bewegte Lebensgeschichte Auroras nachzulesen.
Dort fand ich u.a. die Information, daß der Leichnam Auroras erst ein Jahr nach ihrem Tode in der Fürstengruft bestattet werden konnte, was damit zusammenhing, daß die Gräfin als sie starb, finanziell ruiniert gewesen sein soll.

Über Aurora von Königsmarck sind verschiedene Bücher geschrieben worden. In der diesjährigen Sonderausstellung des Quedlinburger Schloßmuseums kann man sich ebenfalls sowohl über Aurora, als auch über die Geschichte des Damenstifts informieren.




*die Schreibweise mit "ck" am Ende habe ich bei kurzer Recherche genauso vorgefunden, wie die Schreibweise mit "k" (Königsmark). Welche nun die richtige ist, kann ich nicht sagen. Die "ck"-Version scheint aber verbreiteter zu sein.

** Lebensdaten: 1662 - 1728

7 comments:

Dana said...

Ich guck momentan zu selten in Blogs rein. Deshalb kommt mein Kommentar erst so spät *schäm*

Diese Aurora hört sich interessant an. Ich kann mir irgendwie gar nicht vorstellen, daß überhaupt kein Foto von ihr existiert. Na ja, wird schon existieren, ist aber sicherlich nicht digitalisiert. Zu schade eigentlich, da ich die Dame gern mal sehen würde ;-)

Zia said...

Ja, ich bin ja auch schon quasi seit ich denken kann ganz scharf drauf der Dame mal ansichtig zu werden, aber mir ist auch noch nie ein Bild untergekommen, weder digitalisiert noch gedruckt.
Ich weiß ja noch nichtmal, ob die Geschichte mit dem amerikanischen Rosenstraß überhaupt stimmt.
Das wurde eben so herumerzählt, fast wie ein Mythos. Ich kann mir nicht erklären, warum es so wenig Informationen darüber gibt, wenn doch die Mumien angeblich eine Zeit lang DIE Touristenattraktion gewesen sein sollen.
Vielleicht hängt das irgendwie mit der unrühmlichen Rolle Quedlinburgs während der Nazizeit zusammen. Die Stadt ist ja damals aufgrund ihrer Geschichte ideologisch ziemlich mißbraucht worden.#Ich bin da noch auf nichts Konkretes gestoßen, leider.

Dana said...

Gut, ich habe auch meinen ersten Gedanken verworfen, es müsse alte Postkarten von ihr geben, weil ich mir dann dachte, daß die damals (wie heute) nicht so dringend mit ner ollen Mumie werben wollten (könnte ja die Damen in Ohnmacht sinken lassen ob dieses schaurigen Anblicks).
Aber Dokumentationen irgendwelcher Art hat es sicherlich gegeben. Vielleicht liegen die so tief unten in irgendeinem Archiv, daß da schon seit Jahrzehnten niemand mehr geglotzt hat.
Laß uns in der Gruft einbrechen *ggggg*

Hier im Nachbardorf liegt ja auch ne Mumie in der Kirche, was ich nur so rein "zufällig" erfahren habe. Über die gibt es auch gar nix weiter, und sehen kann man sie auch nicht, weil die Pastorin das nicht will. Keine Ahnung. Sowas finde ich immer so schade, wo ich doch so´n Mumienfan bin.
Aber so ist das, wenn da niemand mitspielt, dann findet man auch rein gar nix darüber.
So ungefähr hört sich das mit Aurora auch an, obwohl die sicherlich noch viel interessanter ist als meine Mumie, die sicherlich nur braun und schrumpelig aussieht.

Zia said...

Ich bin mir ziemlich sicher, daß es in irgendeinem Archiv ganz unten irgendwelche Dokumentationen darüber geben muß und ich verstehe auch gar nicht, daß da so gar nichts drüber zu finden ist. Wenigstens irgendeine klitzekleine wissenschaftliche Abhandlung über die Mumien hätte ich erwartet. Mir kommt das fast so vor, als würde man das schamhaft verbergen wollen. Oder vielleicht interessiert es außer mir auch niemanden weiter? Wobei, wenn die Mumien sogar zeitweilig zur Schau gestellt wurden, passt das auch wieder nicht ins Bild.

Ehrlich, bei Euch gibts auch eine "Regionalmumie" ? :-D
Weißt Du um wen es sich dabei handelt?

Ja, es ist schon komisch. Bei ägyptischen Mumien oder bei Ötzi und dergleiche sind die Berührungsängste ja etwas geringer, aber an so relativ "neue" Mumien will irgendwie keiner ran, zumindest bei uns nicht.
Man muß schon selber nachforschen und wenn man mal nachfragt, wird man gleich angeguckt, als hätte man nicht alle Tassen im Schrank.
In anderen Ländern scheinen die Leute zum Tod und zu Toten eine etwas andere Einstellung zu haben, siehe Palermo *schwafel*...

Dana said...
This comment has been removed by the author.
Dana said...

Irgendwie wollte ich nur was ändern und hab aus Versehen meinen Kommentar gelöscht ...

Ich hab jetzt auch noch mal gegoogled, aber mir werden nur schöne Stadtansichten von Quedlinbrug gezeigt. Auch ein Madonna-Outfit, wobei ich da nicht so ganz weiß, was das jetzt mit Mumien zu tun hat *grübel*

Es hilft alles nix, Du mußt nach Quedlinburg und dort selbst graben. Also jetzt übertragen gesprochen ... nicht die Sache mit dem Klappspaten, wobei das als Plan B ruhig im Kopf behalten werden sollte *ggg*
Ich will jetzt nämlich ein Bild sehen. Dringend. *hüstel*

Nee, ich weiß nix über diese Mumie da bei uns in der Kirche. Weder von wann die ist, noch wer er/sie/es war. Ich hab´s ja nur erfahren, weil ich mir vor drei Jahren ne Ausstellung über die ollen Romantiker angeglotzt habe, da ja dort das Schloß von Friedrich de la Motte Fouqué steht, bei dem berühmte Leute ein und ausgingen. E.T.A. Hoffmann bspw, um nur mal einen zu nennen. Und der nette Herr dort in der Ausstellung plauderte das dann aus, wußte aber auch nix genaueres, nur daß die eben untern in der Gruft liegt. Schade.
Ansonsten gibt´s ja hier noch in Kampehl den berühmten Ritter Kahlbutz. Den kenn ich schon seit ... puh ... frühester Kindheit. Liegt ja quasi fast vor der Haustür, und wir haben den auch im Unterricht damals durchgenommen - seine Geschichte jetze, warum er ne Mumie ist etc. pp. XD
Hmmmm, sonst fallen mir keine interessanten Mumien mehr ein. Die anderen waren allen in Tschechien und der Slowakei ;-)

Berührungsängste sind ja schon durch das Thema Tod vorprogrammiert. Ist ja ein Tabu, total äks pfui usw. Deshalb wird nur "wissenschaftlich" auf alte Mumien gestiert, und die neueren sind eben total uninteressant, weil die ja quasi wissen, wie die zu der Zeit gelebt haben. Keine Ahnung. Ist irgendwie ein Massenphänomen.
Irgendwie hatten die auch schon früher sehr viel weniger Berührungsängste mit Toten, wenn man die ganzen Knochenhäuser betrachtet, diese gotischen Kirchen in der Slowakei usw., die ausgeschmückt sind mit Knochen - so richtig kraß als Deko. Sieht scharf aus. Oder auch diese ganzen Katakomben unter den alten Städten, wo die gestapelt sind.

*mitschwafel*

Zia said...

Och was ein Madonna-Outfit mit Mumien zu tun hat, da fallen mir eine ganze Menge Dinge ein, die ich jetzt hier nicht näher erläutern will. :-D

Ja Ritter Kahlbutz, den kenne ich auch, - also nicht persönlich, und gesehen hab ich ihn auch nur auf Bildern. Aber da gibt es ja dieses Gedicht, oder ist es ein Lied? über den Kahlbutz, - ach Mensch ich finds gerade nicht...zu dumm aber auch!

Diesen Friedrich de la Motte Fouqué muß ich mir jetzt mal merken *Namen notiert*. Da will ich mal suchen, was sich über den so finden lässt.

Ja die Knochenstapelei bis hin zur Kunst scheint ja in den vergangenen Jahrhunderten sehr beliebt gewesen zu sein, - wo sollte man auch hin mit den ganzen Gebeinen, wo die Menschen, und damit die Leichen immer mehr und die geweihte Erde immer weniger wurde.

Ich glaube über die böhmische Knochenkirche hatten wir uns ja schonmal unterhalten.
Gerade dort sieht man, finde ich, daß da jemand sehr meditativ zu Werke gegangen ist.
Oder auch in Österreich, da gibts doch diese Beinhäuser mit den bemalten Knochen.
Das hat für mich was sehr Respektvolles. Denen, denen einmal diese Knochen gehörten wird damit Ehre erwiesen.
Ich habe den Eindruck, daß sich heute bei uns die allgemein verbreitete Wegwerfmentalität auch auf den Tod erstreckt und daß diese Tabuisierung auch was damit zu tun hat.
...