Monday, 2 March 2009

Auf den Spuren der Kriminalliteratur - 3 -

Aufgehört hatte ich das letzte Mal beim Opiumgebrauch im 19.Jahrhundert im Allgemeinen, beim Drogenkonsum von Edgar Allen Poe und Sherlock Holmes im Besondern, - was mich wiederum zum Einfluß psychoaktiver Substanzen auf die kulturelle Entwicklung im besonders Allgemeinen und daraufhin zu Christian Rätsch führte.

Worauf ich jetzt nocheinmal zurückkommen muß, der Vollständigkeit halber, ist die Meerschaumpfeife. Die nämlich hat Sir Arthur auch beim guten Edgar ausgeliehen.
Im "Rue Morgue" - Fall, wie auch bei "Marie" stand nichts dergleichen. "Der entwendete Brief" jedoch ist voll mit pfeiferauchenden Dupins.
Die Vermutung, die ich (bzw. vor mir bereits andere) schon bei Sherlock Holmes hatte, daß das Opiumrauchen, weil (noch) nicht strafbar, kein besonders erwähnenswerter Umstand gewesen sein könnte und daher immer nur vom Rauchen der Meerschaumpfeife die Rede ist, was uns heutige Leser wiederum automatisch zu der Annahme verleitet, es handelt sich um Tabak, der da geraucht wird ... nunja, Opium wäre eben eine andere Möglichkeit, die man nicht ganz ausschließen sollte.

Aber nun verlasse ich vorübergehend das zwielichtige 19. Jahrhundert, überschreite die Grenze zum 20. Selben (Man stelle sich hier die letzte Szene aus "Sleepy Hollow" vor) und richte mein Augenmerk auf den Dritten im Bunde der Meisterdetektive: Monsieur Hercule Poirot.
Er ist bisher etwas kurz gekommen.
Um es gleich vorweg zu nehmen (und Agatha - Christie - Leser werden es ohnehin schon wissen) Hercule Poirot verabscheut Rauschgifte aller Art zutiefst.
Ihm ist es ein Anliegen, auf deren Gefährlichkeit bei jeder sich bietenden Gelegenheit hinzuweisen, Dealer mit Hilfe seiner berühmten grauen Zellen dingfest zu machen und die hilflosen Opfer den Fängen des Kokains zu entreißen.

Er selbst hat eher eine Schwäche für Süßes, als für Berauschendes. Er trinkt, wenn er trinkt (denn das schadet ja den kleinen grauen Zellen) süße, klebrige Liköre.
Er mag darüberhinaus Sirup und Schokolade in allen Variationen, sowie belgische Patisseriekreationen, die in England zu seinem Bedauern nur ausgesprochen schwer in der von ihm gewünschten Qualität zu bekommen sind. Poirot ist nämlich Feinschmecker.
Allerdings isst bei ihm das Auge mit. Wenn beispielsweise die Frühstückseier nicht die gleiche Größe haben, kann er sie unmöglich verspeisen. Und damit werden wir schon auf eine seiner ganz spieziellen Eigenheiten aufmerksam: Sein besonders ausgeprägter Sinn für Ordnung und Methode. Dieser Sinn steht nun allerdings in direktem Verhältnis zu seinen excellenten Fähigkeiten, - was uns wiederum auf direktem Wege zu Edgar Allen Poe und dem Urahn aller Detektive Auguste Dupin führt.

Gleich in der Einleitung zum "Doppelmord in der Rue Morgue" nämlich findet sich eine kleine Abhandlung über die "analytische Geisteslage" und die Tatsache, daß Menschen, die diese in außerordentlichem Maße besitzen von Außenstehenden gern der Hellseherei für fähig gehalten werden, obwohl ihre fabelhaften Erkenntnisse ausschließlich "aufgrund der strengsten Methode zustande gekommen sind".

"Ordnung und Methode" damit charakterisiert Poirot selbst seine Vorgehensweise aber für ihn ist es noch mehr als das. "Ordnung und Methode" ist Poirots Lebensmotto.Was Auguste Dupin und Sherlock Holmes auf ihre Fälle anwenden, treibt Poirot auf die Spitze. Alles hat seinen Platz. Jedes noch so kleine Detail muß an der richtigen Stelle eingeordnet werden. Nichts darf aus der Reihe tanzen.
Dies betrifft die ganz normalen Alltäglichkeiten des Lebens und die detektivische Arbeit des Lösens von verzwickten Kriminalfällen gleichermaßen.
Aus A folgt B und aus B folgt C und wenn irgendwo in dieser Reihe auch nur eine kleine Unebenheit existiert, wird solange sortiert, recherchiert und ausgeschlossen bis alles dort ist wo es hingehört und die einzig mögliche Wahrheit sonnenklar vor ihm liegt. Was allerdings Poirot sonnenklar ist, muß es für seine Mitmenschen wie z.B. Captain Hastings noch längst nicht sein, - obwohl dem die nackten Tatsachen ebensogut bekannt sind wie seinem eierköpfigen belgischen Freund.
(Im Übrigen werden, wenn ich das richtig verstanden habe, Menschen mit hoher Intelligenz im englischen auch liebevoll als "Eggheads" (deutsch: Eierköpfe) bezeichnet. Insofern ist es wohl kein Zufall, daß Agatha Christie dem kleinen Mann auch physisch einen Eierkopf verpasst hat. Das nur am Rande)

Um seine Nerven zu beruhigen und seinen Verstand zu klären, ordnet Poirot Dinge im Außen, wie z.B. Nippesgegenstände auf dem Kaminsims oder aber er baut Kartenhäuser.

Worauf ich hinaus will, ist, daß Agatha Christie, die, das hab ich dort gelesen nach eigenen Angaben u.a. Edgar Allan Poe als Vorbild sah, wahrscheinlich durch diesen Abschnitt im "Doppelmord..." entscheidende Anregungen für ihren pennibelen kleinen belgischen Detektiv fand.

No comments: